So navigierst du sicher durch die Ausbildung

So navigierst du sicher durch die Ausbildung
Von Daniel Juhr, Marketingleiter beim Ausbildungsexperten u-form Testsysteme

Geschafft: Du hast einen Ausbildungsplatz gefunden. Jetzt geht deine Reise in die Berufswelt richtig los. Worauf kommt es am Anfang an? Wie holst du dir konstruktives Feedback und gibst selber welches? Wie organisierst du deinen Alltag und vor allem: Wie bereitest du dich gut auf die Zwischen- und Abschlussprüfung vor? Ausbildungs-Experte Daniel Juhr gibt Antworten.

Erste Etappe: Ankommen

Manch einer mag seinen Ausbildungsplatz auf den letzten Drücker ergattern, die allermeisten Berufsstartenden aber unterschreiben ihren Vertrag deutlich vor dem Ausbildungsbeginn im August oder September, oft bereits im Januar oder Februar. Kein Wunder, dass viele Unternehmen schon im Zeitraum bis zum erstem Arbeitstag viel dafür tun, um ihre neue Azubis kennenzulernen. Das solltest du deinerseits auch tun und regelmäßig Kontakt zum Unternehmen halten. Am besten erkundigst du dich schon frühzeitig danach, wer deine neuen Ausbilder_innen und neuen Azubi-Kolleg_innen sind bzw. werden könnten. Nichts spricht zum Beispiel dagegen, dass du dich nach deinem Schulabschluss meldest, von deinen Prüfungen berichtest oder einfach mal zwischendurch einen halben oder ganzen Tag in den Betrieb hineinschnupperst. Viele Unternehmen haben zudem Azubi-Pat_innen. Das können erfahrene Mitarbeitende sein, aber auch Azubis, die schon eine ganze Weile dabei sind. Sie helfen den neuen Auszubildenden von Beginn an bei ihren ersten Schritten in einem Unternehmen. Mit den Azubi-Pat_innen lassen sich die vermeintlich doofen Anfangsfragen meist einfacher klären als mit den Ausbildungsbeauftragen: Was ziehe ich an? Wie funktioniert die Telefonanlage? Wie geht die Kaffeemaschine an? Wo gibt es die beste Pizzeria in der Nähe? Wie tickt diese oder jene Abteilung?

Zweite Etappe: Alltag organisieren und Berichtsheft schreiben

Eine gute Organisation deiner Ausbildung ist das A und O. Für die Rahmenbedingungen wird in der Regel dein Betrieb sorgen, zum Beispiel mit einer vernünftigen Versetzungsplanung. So wirst du als Industriekauffrau_mann für einige Monate im Vertrieb arbeiten, aber auch im Rechnungswesen und in weiteren Abteilungen. Mit digitalen Systemen lässt sich die Ausbildung komplett organisieren. Auch das Berichtsheft, das du ja auf jeden Fall führen und zur mündlichen Prüfung am Ende deiner Ausbildung vorlegen musst, kannst du komplett am Rechner erfassen – und digital von den Ausbildungsverantwortlichen abzeichnen lassen. Und auch wenn es manchmal lästig erscheint: Das Berichtsheft solltest du tatsächlich regelmäßig pflegen und die jeweiligen Tätigkeiten im Betrieb und den Berufsschulunterricht eintragen.

Wenn, dann richtig: Das Arbeiten mit digitalen Programmen

Fürs tägliche Arbeiten ist es wichtig, dass du dich selbst gut organisierst. Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung des Arbeitsalltags deutlich beschleunigt, Programme wie Teams und Zoom sind in der Schule wie auch in den Unternehmen selbstverständlich geworden. Aber auch Planungs- und Arbeitstools wie Trello, Microsoft Planner oder Miro-Boards. Sie können helfen, aber auch verwirren. Deshalb kann es sinnvoll sein, sich mit wenigen Tools zu befassen, die man aber gut beherrscht – zumal du das Arbeiten mit der firmeneigenen Software zur Vertriebsorganisation oder Kundenpflege ja meistens auch noch lernen musst. Auch hier hilft dir der Austausch mit den älteren Azubi-Hasen zu Beginn: Finde heraus, welche Programme du wirklich im Alltag für deine jeweiligen Aufgaben brauchst und welche nicht.

Dritte Etappe: Feedback geben und nehmen

Weiterentwicklung – darum wird es für dich in der Ausbildung immer gehen, sowohl fachlich als auch persönlich. Viele Azubis berichten davon, dass sie erst in dieser Zeit so richtig erwachsen geworden sind. Ganz wichtig ist, dass du auf diesem Weg regelmäßig ein ausführliches, konstruktives Feedback bekommst.

In einer vom u-form Verlag in Auftrag gegebenen Studie wurden Auszubildende und Ausbildungsunternehmen danach befragt, was ihnen wichtig ist. Ergebnis dieses die Azubi-Recruiting-Trends im vergangenen Jahr war, dass sich 84 Prozent aller Azubis ein gutes Feedback wünschen – gleichzeitig gaben 70 Prozent aber an, dieses niemals oder selten in einem ausführlichen Gespräch zu erhalten. Gutes Feedback zu geben, will gelernt sein. Es muss sich ausschließlich um die jeweilige Leistung gehen, sollte sachlich sein und nie persönlich verletzend. Formulierungen wie „Du hast aber“ oder „Immer machst du ...“ sind fehl am Platz. Wichtig ist, differenziert zu sagen, was gut war und was verbessert werden muss. Wer Feedback bekommt, sollte sich das seinerseits in Ruhe anhören und sich nicht direkt verteidigen, sondern es erst einmal einordnen. Diese Regeln gelten in beide Richtungen: Auszubildende sollen und dürfen sachlich und konstruktiv Feedback geben. Manchmal werden sie auch gebeten, ihre eigene Arbeit und zudem die der jeweiligen Abteilung einzuschätzen, in der sie zuletzt gearbeitet haben. Beides ist wertvoll. Ersteres, um die eigene Leistung realistisch beurteilen zu lernen. Letzteres, um dazu beizutragen, die Ausbildung im gesamten Unternehmen zu verbessern. Denn in der Regel erhalten ja nur Azubis einen tiefen Einblick in alle Abteilungen.

Wenn du feststellst, dass Feedback in deinem neuen Ausbildungsunternehmen gar nicht oder nur zwischen Tür auf Angel passiert, also quasi auf Zuruf und nie in einem ruhigen, ausführlichen Gespräch, fordere dir dies ein. Vor jedem Wechsel in eine andere Abteilung ist ein Feedback wichtig und sinnvoll. Ein regelmäßiges Gruppengespräch mit allen Azubis und den Ausbilder_innen kann außerdem eine gute Ergänzung sein.

Vierte Etappe: Lernen für die Prüfung

Wie jetzt? Prüfung? Du hast doch gerade erst angefangen mit deiner Ausbildung. Da ist das doch noch alles so weit weg, richtig? Na ja. Die Münchener Lern-Expertin Victoria Stübner ist zum Beispiel überzeugt davon, dass mit man mit dem Lernen für die Prüfungen in der Mitte und am Ende der Ausbildung gar nicht früh genug anfangen kann. Zumal es in immer mehr kaufmännischen Berufen gar keine klassische Zwischenprüfung mehr gibt, sondern eine zweigeteilte Abschlussprüfung. Sprich, es wird je nach Ausbildungsdauer unter Umständen schon nach gut 15 Monaten ernst.

Wer sich bereits nach einem halben Jahr Ausbildung mit den ersten Prüfungsfragen beschäftigt, hat daher Zeit genug, das Wissen immer wieder sacken und reifen zu lassen, erkennt früh, wo es hapern könnte und stellt sich auch seelisch und moralisch auf die Prüfungssituation ein. Dafür empfehlen sich die IHK-Abschlussprüfungen vergangener Termine. Denn darin finden sich die Aufgaben, die dich am Ende erwarten werden, sofern du deine Ausbildung in einem IHK-Beruf machst. Gut lernen kannst du nicht nur mit den Original-Prüfungen, sondern auch mit Lernkarten. Diese gibt es in gedruckter wie auch in digitaler Form. Überhaupt ist E-Learning, auch mit Lernvideos, nicht nur seit der Corona-Krise immer mehr im Kommen, viele Betriebe bieten ihren Azubis inzwischen das Lernen über größere E-Learning-Plattformen an. Frag in deinem Unternehmen einfach mal nach.

Lernen mit gedruckten Büchern ist nach wie vor sehr wertvoll

Eins solltest du bei allen Vorteilen des digitalen Lernens nicht vergessen: Die Prüfungsvorbereitung mit klassischen gedruckten Arbeitsbüchern und das Aufschreiben von Informationen und Lösungen mit Stift und Papier sind sehr wertvoll. Denn dabei wird dein Gehirn nun mal anders stimuliert als beim Tippen oder Wischen und beim Blick auf Handy oder Monitor. Am Ende macht es beim Lernen die Mischung. Wichtig ist, dass es Spaß macht. Zum Beispiel, indem du gemeinsam mit anderen lernst, ihr euch gegenseitig abfragt und bestimmte Themen diskutiert. Und indem du dort lernst, wo du dich wohlfühlst. Das muss nicht der Schreibtisch sein, wenn dir zum Beispiel das Lernen auf der grünen Frühlingswiese leichter fällt.

Schlussetappe: Die Zeit danach

Prüfung geschafft, Berufsabschluss in der Tasche. Und nun? Auf diese Frage solltest du schon jetzt eine Antwort haben. Deshalb ist es wichtig, dass du dich schon einige Monate vor deiner Abschlussprüfung mit der Zeit nach der Ausbildung befasst. Der Bedarf an gut ausgebildeten Mitarbeitenden wird in Deutschland immer größer, deshalb stehen die Übernahmechancen in vielen Firmen gut. Oft bilden diese für den eigenen Bedarf aus. Kläre früh genug ab, ob du übernommen werden kannst, was du als ausgelernte Fachkraft verdienst, wie die Weiterbildungsmöglichkeiten aussehen und ob du das auch willst.

Planbarkeit und Sicherheit werden für immer mehr junge Menschen immer wichtiger, weshalb es absolut sinnvoll sein kann, nach deiner Ausbildung im jeweiligen Unternehmen zu bleiben, gutes Geld zu verdienen und zum Beispiel berufsbegleitend zu studieren.

Aber eins nach dem anderen – denn jetzt geht deine Reise in die Berufswelt ja erst einmal los.

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